Jenseits des Windes by Nadine Kühnemann

Jenseits des Windes by Nadine Kühnemann

Autor:Nadine Kühnemann
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: at Bookshouse Ltd.
veröffentlicht: 2013-10-11T22:00:00+00:00


Vierzehn

Begegnungen

Selbst von ihrem Platz auf der obersten Treppenstufe aus konnte Elane ihn nirgends entdecken. Das Gedränge in den Straßen von Budford war einfach zu groß. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Wo blieb er bloß? Ärger und Verzweiflung machten sich gleichermaßen breit. Sie hielt den Umschlag mit dem sorgsam zusammengefalteten Pergament eng an sich gedrückt. Unter keinen Umständen durfte sie ihn verlieren. Es hatte sie zwei anstrengende Stunden gekostet, Izan Detchill zu diesem Geschäft zu überreden. Seine Unterschrift bedeutete für sie eine Lebensversicherung. Wenn sie ohne das Dokument heimkehrte nach Valana, konnte sie genauso gut direkt von den Klippen in die Tiefe springen, denn andernfalls würde Jonneth sie gewiss den Abgrund hinunterstoßen, dessen war sie sich sicher.

Sie stützte sich an der Eingangstür der Kirche ab, die auf einem Sockel mitten auf dem Marktplatz erbaut worden war, um sich zu recken. Ein guter Platz, um auf die Köpfe der Menschen hinabzusehen, doch der Sergeant blieb verschwunden.

»Sergeant Fratch?«, rief sie hinunter, doch ihre dünne Stimme ging im allgemeinen Gemurmel der Masse unter. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auf eigene Faust nach dem Sergeanten zu suchen. Sie hatte gehofft, ihn von einem erhöhten Punkt aus zu erspähen, doch die Hoffnung zerplatzte gerade wie eine Seifenblase. Fratch hatte versprochen, hier auf sie zu warten, doch erwartungsgemäß kam er seiner Pflicht nicht nach. Fratch war ein alter Säufer, vermutlich lehnte er auf dem Tresen eines Wirtshauses und kippte sich ein Bier nach dem anderen in den Hals. Elane verbarg das Dokument unauffällig unter ihrem Rock, strich die Falten glatt, stieg die Treppe hinunter und bahnte sich einen Weg quer über den Marktplatz. Sie würde notfalls auch ohne Fratch die Kutsche erreichen. Und wenn es sein musste, würde sie auch ohne ihn den Befehl zum Aufbruch geben. Jonneth hatte ihr den alten Soldaten zur Seite gestellt, damit er für ihre Sicherheit sorgte. Ha! Elane glaubte, Jonneth sorgte sich vielmehr um die Sicherheit des Dokuments. In jedem Fall war der pensionierte Sergeant gänzlich ungeeignet für die Aufgabe. Jaham hatte mit Fratch vor Jahren in einem Regiment gedient, und vermutlich dachte Jaham, er sei dem alten Säufer etwas schuldig. Es mutete schon eigenartig an, dass es anscheinend nur dann möglich war, das Ansehen des Königs zu erlangen, wenn man in irgendeiner Form in Verbindung zum Militär stand. Jaham war besessen von Soldaten und Waffen, und das merkte man der Stadt deutlich an. An jeder Ecke standen uniformierte Männer, die Gewehre geschultert und den Rücken gestrafft. Leider sorgten die Soldaten keineswegs für Ruhe, sondern heizten die angespannte Lage nur noch weiter an. Elane erlaubte sich kein Urteil darüber. Es war zu gefährlich für eine Frau, sich in solche Dinge einzumischen.

Sie erreichte das Ende des Platzes und tauchte in eine weniger belebte Seitenstraße ein. Die hohen Häuserfronten begrenzten die Gasse zu beiden Seiten wie eine undurchdringliche Mauer. Kaum ein Sonnenstrahl verirrte sich jemals bis auf die Pflastersteine. Elane sah sich um. War sie auf dem Weg zur Kirche an einer Gemischtwarenhandlung vorbeigekommen? Sie wusste es nicht mehr, ging aber dennoch weiter.



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